Fünf heikle Zonen

Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus – diese Metapher gilt nicht nur für die Psyche, sondern auch für den Körper. Fünf speziell männliche Problemzonen und wie sie gesund bleiben.


Von Wolfgang Kreuziger

Nach außen hin demonstrieren Männer, die im Schnitt um 14 Zentimeter größer sind, um 25 Prozent mehr Muskelmasse und um fünf Prozent weniger Körperfett aufweisen als Frauen, gerne Stärke und blühende Gesundheit. Doch in diese muss auch entsprechend investiert werden, will sie – der in Sachen Lebensweise oft undiszipliniertere Mann – bis ins hohe Alter erhalten. Fünf klassische Schwachstellen des männlichen Körpers.

1 – Die Blase

Unglaublich, aber wahr: Kindern und jungen Männern reichen oft zwei bis drei Toilettengänge  täglich zum Wasserlassen dank einer extrem dehnbaren Blase.  „Leider verliert sie mit dem Alter an Kapazität und Elastizität, entzündet sich leichter oder wird beim Mann von einer vergrößerten Prostata beeinträchtigt“, weiß Prim. Priv.-Doz. Dr. Anton Ponholzer, Urologe und Androloge in Wien. Am häufigsten treten Blasenprobleme bei Männern über 50 auf und äußern sich in häufigem Harndrang oder schwachem Strahl. „Meistens steckt dann eine gutartige Vergrößerung der Prostata dahinter, die durch ihren Druck auf die Blase Fluss und Speicherkapazität des Urins stört“, so der Arzt.

Wird das Wasserlassen immer mehr zur Qual, kann die Prostata medikamentös oder operativ behandelt werden. Andere therapierbare Blasenprobleme sind die „Harninkontinenz“, wenn unkontrollierbar Harn verloren wird, sowie der „akute Harnverhalt“. Ponholzer: „In letzterem Fall kann gar kein Harn mehr abgelassen werden, was extrem schmerzhaft sein kann. Unbehandelt droht eine Schädigung der Nieren.“ Wird trotz gering gefüllter Blase großer Harndrang verspürt, kann es sich um eine Reizblase handeln. Die Therapie erfolgt medikamentös.

„Die gefährlichste Erkrankung ist der Blasenkrebs“, nennt der Arzt die immerhin vierthäufigste Krebsart des Mannes mit rund 1200 Neuerkrankungen in Österreich jährlich, die sich in der Regel durch Blut im Urin und Schmerzen beim Wasserlassen ankündigt. Besonders oft betroffen sind Raucher und ältere Menschen.

2 – Die Prostata

Die sogenannte „Vorsteherdrüse“ ist bei Jugendlichen noch kastanienklein, danach wächst sich die Prostata im Alter oft bis zu Pfirsichgrö­ße aus. „Wenn eine solche gutartige Prostatavergrößerung Blasenprobleme verursacht, kann sie mit sogenannten Alpha-Blockern oder mit Medikamenten, die das Testosteron im Prostatagewebe hemmen, behandelt werden“, so Ponholzer über die Therapieformen jener Drüse, die dem Mann lustvollen Sex zu schenken vermag.

Alternativ kann sie jedoch auch ohne großes Risiko etwa mit lasergestützten Methoden operativ verkleinert werden oder man schließt die Seitenäste der blutzuführenden Arterie. Durch die starke Einflussnahme von Hormonen wird das Organ allerdings auch rasch abseits aller Blasenprobleme selbst zum Ziel von Krankheiten. „Prostatakrebs ist die bei Männern mit Abstand häufigste Krebsart, jedes Jahr werden hierzulande etwa fast 6000 Neuerkrankungen festgestellt“, weiß der Arzt. Das heimtückische dieses Tumors liegt darin, dass er anfangs symptomlos verläuft und lange nicht bemerkt wird.

Bei entsprechender Früherkennung aber, etwa durch den bei der Vorsorgeuntersuchung üblichen Bluttest auf das prostataspezifische Antigen (PSA), ist er gut behandelbar. „Solange nur die Prostata vom Karzinom befallen ist, kann sie operativ entfernt und völlige Heilung erzielt werden“, erklärt der Arzt. „Hat der Krebs auf umliegende Regionen übergegriffen, ist die Prognose schlechter und es muss auf Strahlentherapie, Chemotherapie oder hor­monelle Therapie zurückgegriffen werden.“

Sind diese Tumoren vor allem bei älteren Menschen ein Thema, so tritt die Prostataentzündung eher bei jüngeren Männern auf. Fast jeder Dritte unter 50 ist betroffen und merkt dies durch Schmerzen beim Wasserlassen, Ejakulieren, aber manchmal auch in Bauch oder Wirbelsäule. „Sind die Auslöser Bakterien, dann werden Antibiotika verordnet“, so Ponholzer, „aber oft kann die Ursache gar nicht gefunden werden.“ Wird die „Prostatitis“, wie sie auch genannt wird, chronisch, dann können Entzündungshemmer oder etwa Wärmeanwendungen Besserung bringen.

3 – Die Blutgefäße

Im Körper jedes Menschen zirkulieren rund fünf Liter Blut durch Arterien und Venen, deren Gesamtlänge auf unglaubliche 100.000 Kilometer geschätzt wird. „Für Erkrankungen dieser vielen Gefäße sind Männer anfälliger als Frauen, die bis zum etwa 50. Lebensjahr durch die Pro­duk­tion des weiblichen Sexualhormons Östrogen geschützt sind, während Männer zusätzlich ungesünder leben und mehr sitzen“, verrät Prim. Univ.-Doz. Dr. Reinhold Katzenschlager, Leiter des Gefäßzentrums im Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien.

Diese Schieflage zeigt sich unter anderem darin, dass heute jeder dritte Mann über 45 an hohem Blutdruck laboriert, einem der häufigsten und gefährlichsten Gefäßleiden.
Der anfangs oft unbemerkte „stille Killer“ kann unbehandelt lebensbedrohliche Konsequenzen wie Schlaganfälle nach sich ziehen.

„Meistens ist die Ursache in einem ungünstigen Lebenswandel wie unvorteilhafter Ernährung, zu wenig Bewegung, Rauchen oder Übergewicht zu suchen, seltener ist sie erblich bedingt“, so der Arzt.
Ein frühes Gegensteuern mit blutdrucksenkenden Medikamenten wie Beta-Blockern sowie dem Verringern von Stress im Alltag und einer gesünderen Lebensweise mit mindestens 150 Minuten Sport pro Woche kann die Krankheit bremsen.

4 – Die Hoden

„Gilt die Prostata als männliche Problemzone des Alters, so sind die Hoden vor allem ein Schauplatz der Leiden junger Männer“, betont Ponholzer. Die zwei pflaumengroßen Organe gehören zu den Keimdrüsen und produzieren jene Samen, die für Nachwuchs sorgen. Doch die Beteiligung etlicher Hormone macht sie anfällig für etliche Probleme. „Der Hodentumor gilt als der häufigste bei jungen Männern vorkommende Krebs“, verrät der Urologe. „Die beste Vorsorgeuntersuchung dazu wäre die Selbstkontrolle, denn die Verhärtungen lassen sich gut ertasten. Bei früher Erkennung lässt sich der Tumor zu 99 Prozent etwa durch Chemotherapie oder auch operative Entfernung heilen.“

Ebenfalls vorrangig ein Problem der jüngeren Generation sind Krampfadern an den Hoden, die im Laufe des Lebens bei jedem sechsten Mann vorkommen und in schweren Fällen die Fruchtbarkeit beeinträchtigen können. Ponholzer: „Diese Erkrankung wird heute jedoch oftmals gar nicht oder nur vorsichtig therapiert, insbesondere wenn kein Kinderwunsch vorliegt.“ Ist eine Operation unvermeidbar, können die sogenannten „Varikozelen“ mit diversen Verfahren verschlossen, verödet oder abgebunden werden.

„Ein harmloseres, aber häufig auftretendes und unangenehmes Problem ist die Nebenhodenentzündung“, ergänzt der Experte. In der Regel stecken Bakterien hinter dem Problem, das sich durch Druckempfindlichkeit, Schmerzen oder sogar Fieber äußern kann und mit absoluter Bettruhe oder – wenn nötig – der Gabe von Antibiotika bekämpft wird. Entzündungen oder Gewalteinwirkung im Genitalbereich können auch zum „Wasserbruch“ führen, bei dem sich in zu großem Maße Flüssigkeit im Hoden ansammelt und ihn vergrößert. „Dies ist im Grunde harmlos, wird aber durch Reibung etwa im Sportbereich mitunter zum mechanischen Problem, welches operativ durch Flüssigkeitsentfernung therapiert werden kann.“

5 – Das Herz

Lassen erkrankte Gefäße an sich schon die Alarmglocken schrillen, so wird es noch eine Stufe dramatischer, wenn sich die Problematik Richtung Herz verschiebt. Männer erleiden doppelt so häufig akute Herzinfarkte wie Frauen, die meist Folgen von vorangegangener Arteriosklerose oder hohem Blutdruck sind. Außerdem sind bei ihnen um 20 Prozent mehr Herzrhythmusstörungen zu verzeichnen.

Ebenfalls voran liegen sie bei der Todesursache Nummer eins in der westlichen Welt, der „Koronaren Herzkrankheit“, die sich typischerweise durch Brustschmerzen, die in den linken Arm ausstrahlen, ankündigt. Katzenschlager: „Bei dieser Verkalkung der Herzkranzgefäße wird der Herzmuskel mit zu wenig Sauerstoff versorgt. Kommt es gar zu einem Totalverschluss, droht der Herzinfarkt.“ Als Therapie müssen hier ähnlich wie bei der Schaufensterkrankheit die Gefäße künstlich per Ballon oder Stent erweitert werden, sogenannte „Plättchenhemmer“ lassen das Blut besser fließen, außerdem muss der Patient seine Lebensweise umstellen und Stress reduzieren.

Männer weisen auch mehr Herzklappenfehler auf als Frauen, wobei eine oder mehrere der vier Herzklappen, die den Hin- und Abfluss des Blutes regeln, nicht korrekt arbeiten. Dies kann angeboren sein, aber auch durch Entzündungen, Autoimmunerkrankungen oder altersbedingte Prozesse auftreten, die Krankheit wird dann in der Regel durch ein operatives Sanieren der Problemzone oder durch Einsetzen künstlicher oder tierischer Klappen korrigiert. „Die schlimmste Folge der Arteriosklerose ist die Herzinsuffizienz, eine Sauerstoff-Unterversorgung des Herzmuskels“, so Katzenschlager.

Männer sind auch wesentlich häufiger von der Stoffwechselkrankheit Diabetes betroffen. Katzenschlager: „Wenn Herz- oder Gefäßerkrankungen gemeinsam mit Typ-2-Diabetes einhergehen, droht ein noch schnelleres Voranschreiten der Krankheit.“

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Die wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen für Männer

Ab 35 Jahren
Gesundenuntersuchung (alle zwei Jahre)

  • Blut- und Urintest, EKG und ausführliches Gespräch über gesundheitliche Probleme zur Überprüfung der wichtigsten körperlichen Funktionen und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes.
  • Hautkrebs-Früherkennung (alle zwei Jahre)
    Ganzkörperuntersuchung nach verdächtigen Hautveränderungen, insbesondere bei Männern mit großen Muttermalen oder Fällen von Hautkrebs in der Familie.

Ab 45 Jahren
Prostata-Untersuchung (jährlich)

  • Der Urologe untersucht Prostata und Enddarm auf Vergrößerungen oder Verhärtungen und inspiziert die Geschlechtsorgane sowie die Lymphknoten. Ein PSA-Test spürt Prostatakrebs auf.
     
  • Stuhlbluttest (jährlich)
    Der Test, der auch im Rahmen der Darmspiegelung oder oft als Teil der Gesundenuntersuchung durchgeführt wird, kann verborgenes Blut im Stuhl nachweisen, was auf einen Darmtumor hindeuten könnte.

Ab 50 Jahren
Darmspiegelung (alle fünf bis sieben Jahre)

  • Über den After wird eine Sonde mit Lampe und Kamera in den Darm geschoben. Bei verdächtigen Veränderungen, die auf Darmkrebs hinweisen, entnimmt der Arzt eine Gewebeprobe.

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