Von Mag.a Sylvia Neubauer
Wenn die Natur aus ihrem Winterschlaf erwacht, ist die Freude nicht bei allen groß. Denn bei manchen Menschen sorgt die Blütezeit für Kribbeln in der Nase. Schuld daran kann eine Allergie sein. Auch Sabines Abwehrsystem reagiert überempfindlich: Bei der werdenden Mama verursachen Birkenpollen eine verstopfte Nase und juckende Augen. Ihrem Mann Markus geht es ähnlich – er ist auf Gräserpollen allergisch. Wie viele Eltern, die selbst unter einer Allergie leiden, macht sich auch das junge Pärchen Gedanken darüber, ob ihr Neugeborenes diese Bürde wohl ebenfalls tragen wird.
Die Neigung zu allergischen Reaktionen liegt oft in der Familie. Lässt sich das Allergierisiko senken? Was kann man tun, wenn man an einer Allergie leidet?
Vorweg: „Entscheidend sind eine frühe Diagnose und eine frühe Therapie“, hat Univ.Prof.in Dr.in Erika JensenJarolim, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie, eine wichtige Botschaft parat.
Der Grundstein für die Entwicklung einer Allergie wird bereits vor der Geburt, also noch in Mamas Bauch gelegt – gleichzeitig liegt hier aber auch die größte Chance zur Prävention. Kinder von Frauen, die in der Schwangerschaft geraucht haben, weisen weniger regulatorische T-Zellen im Blut auf, welche die Funktion von Ordnungshütern übernehmen. Mangelt es dem Körper an diesen Zellen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Immunsystem Pollen und Tierhaare als „Feinde“ betrachtet und entsprechend attackiert, erhöht.
Eine schützende Funktion haben hingegen mikroskopisch kleine Helferlein, mit denen kleine Erdenbürgerinnen und bürger in Kontakt kommen. In den ersten Lebensmonaten ist der Magen-Darm-Trakt die Haupteintrittspforte für Fremdstoffe – der Ernährung des Säuglings kommt daher eine besondere Bedeutung zu.
Muttermilch versorgt das Baby nicht nur mit allen Nährstoffen, die für eine gesunde Entwicklung benötigt werden, sie enthält auch Substanzen, welche die Darmschleimhaut vor Allergenen bewahren. Mamas sollten daher vier bis sechs Monate ausschließlich stillen oder alternativ – bei Allergieneigung – zu allergenarmer (hypoallergener) Säuglingsnahrung greifen.
„Die Vielfalt des Lebens hält unser Mikrobiom gesund“, sagt JensenJarolim und meint damit jene kleinsten Bewohner, die in und auf uns leben – unter anderem auf Haut und Schleimhäuten. Bei einer Atopie ist die Hautschutzbarriere geschwächt – unser Schutzschild gegen äußere Einflüsse ist weniger effizient. „Diese Barrierefunktion wird durch Schmutzkontakte gestärkt“, weiß die Expertin und nennt Beispiele: „Solche haben wir dann, wenn wir uns viel in der Natur bewegen, wenn wir uns mit vielen unterschiedlichen Tieren umgeben oder im Garten arbeiten.“
Kinder, die von klein auf einer großen Vielfalt an Bakterien und anderen Einflüssen ausgesetzt sind – etwa durch Tierhaare, Pflanzen oder schlichtweg durch Dreck – haben nicht nur mehr, sondern auch eine höhere Vielfalt an Bakterien in ihrer Darmflora. Die Stoffwechselprozesse dieser Bakterien dürften wiederum einen günstigen Einfluss auf den Körper und seinen Umgang mit körperfremden Stoffen haben.
Generell hat der Lebensstil eine Schlüsselfunktion bei Allergien – so auch die richtige Ernährung. „Vor allem die Vitamine A und D spielen bei Allergien eine Rolle. Diese Vitamine sind ein wichtiger Faktor für die Funktionsfähigkeit des Immunsystems“, spricht JensenJarolim den genannten Mikronährstoffen eine sogenannte immunmodulatorische Wirkung bei.
Ein spannendes Detail am Rande: Auch der Speiseplan beeinflusst das Allergierisiko. Ist die Kost der Vierbeiner reich an den Substanzen, aus denen Vitamin A gebildet wird, entsteht auch mehr Retinolsäure in der Milch, die an Milchprotein bindet und die Allergenität von Milch verhindert.
Apropos Milch: „Wirkstoffe, die aus dem Molkenprotein von BioRohmilch gewonnen werden, können Heuschnupfensymptome lindern“, stellt JensenJarolim einen innovativen Therapieansatz bei Allergien vor, bei dem Immunzellen gezielt mit Nährstoffen versorgt und Ernährungsdefizite ausgeglichen werden. Auch ein Mangel an Eisen im Körper erhöht das Risiko einer Allergieentstehung. Im Gegenzug kann eine gute Eisenversorgung einer Allergie vorbeugen, respektive auch die Beschwerden einer bestehenden Allergie lindern.
Anzeichen wie wiederkehrender Schnupfen mit laufender, juckender oder verstopfter Nase sowie häufige Augenentzündungen, sollten möglichst rasch abgeklärt werden. Als Diagnoseinstrumente kommt unter anderem der Pricktest zum Einsatz, bei dem man mit einer Lanze die Haut einritzt und das infrage kommende Allergen aufträgt. Einen hohen Stellenwert haben Bluttests – insofern, als dass sogenannte IgEAntikörper gegen die krankmachenden Allergene nachgewiesen werden. Mit Bluttests kann man heute bis zu 300 Allergene gleichzeitig testen.
Eine frühzeitige Diagnose ist aus zwei Gründen bedeutsam: Zum einen wird dadurch verhindert, dass sich eine Allergie von den oberen Atemwegen auf die Lunge ausdehnt und zusätzlich zum allergischen Schnupfen Asthma entsteht – man spricht dann von einem Etagenwechsel. Zum anderen kann sich das Allergiespektrum durch eine nicht behandelte Allergie erweitern. „Hat jemand beispielsweise eine Birkenpollenallergie, dann verursacht diese jedes Jahr eine saisonale Entzündung in der Nase. Wird diese Entzündung nicht entsprechend behandelt, dann werden die Schleimhäute immer durchlässiger. Und diese Durchlässigkeit begünstigt die Entwicklung weiterer Allergien“, erklärt die Expertin JensenJarolim.
Die spezifische Immuntherapie (SIT) zielt direkt auf die Erkrankungsursache ab: Mittels Spritze injiziert oder als Lösung oder Tablette unter die Zunge verabreicht, wird das körpereigene Abwehrsystem regelmäßig mit den allergieauslösenden Substanzen in Berührung gebracht. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob sich jemand immer und immer wieder denselben Horrorfilm anschaut – mit der Zeit verlieren die Szenen an Schrecken. Auch beim Immunsystem tritt so ein Gewöhnungseffekt ein – die Allergene werden allmählich besser toleriert. „Die Allergenimmuntherapie polt das Immunsystem um“, sagt die Expertin. „Das ist sehr effektiv, benötigt jedoch viel Geduld und Mitarbeit vonseiten der Patienten. In der Regel nimmt die Therapie drei bis fünf Jahre in Anspruch.“
Akute Symptome können durch unterschiedliche Medikamente gelindert werden: Bei leichten Beschwerden reicht oft die lokale Anwendung antiallergischer Arzneimittel im betroffenen Bereich aus – zum Beispiel in Form von Nasensprays oder Augentropfen, welche den Botenstoff Histamin hemmen, der für die Entzündungserscheinungen bei der Allergie verantwortlich ist. Häufig werden diese Medikamente mit oralen Antihistaminika kombiniert. Treten Atembeschwerden auf, können Asthmasprays Abhilfe schaffen.
Die Basis der Allergietherapie bildet jedoch die konsequente Vermeidung des Allergens selbst. Bereits kleine Maßnahmen erweisen sich als effektiv: So verhindern beispielsweise spezielle Pollenschutzgitter das Eindringen von etwa 90 Prozent der Pollen.
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Eine Allergie auf Pollen von Gräsern, Blüten und Bäumen äußert sich meist auch durch tränende, juckende und rote Augen. Lindernd wirkt, wenn man die Pollen regelmäßig mit Wasser oder Tränenersatzmittel aus den Augen schwemmt. Spezielle Präparate helfen, Entzündungsmechanismen zu bremsen und somit die Beschwerden zu mildern.
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Tagtäglich haben wir über Haut und Schleimhäute Kontakt zu unterschiedlichen Fremdstoffen. Einige dieser „Unbekannten“ sind schädlich und können Krankheiten verursachen – wie Viren und Bakterien. Die meisten davon sind jedoch harmlos – wie Staubpartikel und Pflanzenpollen. Als Re-aktion auf Krankheitserreger produziert der Körper Antikörper, die dazu dienen, körper-fremde Stoffe fernzuhalten.
Bei einer Allergie stuft das Immunsystem jedoch Substanzen, die für den Organismus eigentlich ungefährlich sind, als fremd ein – der Körper bildet dann andere Abwehrstoffe gegen sie, sogenannte IgE-Antikörper: Diese Antikörper sind hochempfindlich gegen die Allergene und lösen bei neuerlichem Kontakt die bekannten Sofort-Symptome der Allergie aus: Hatschi! Das Abwehrsystem ist bei Allergikern also in ständiger Alarmbereitschaft: Harmlose Substanzen wie der Blütenstaub von Gräsern und Bäumen können heftige Reaktionen verursachen.
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