Wenn der Körper überreagiert

Endlich Frühling, doch der Start in die Pollensaison ist bei Allergikern gefürchtet.

Von Wolfgang Kreuziger

Mit 37 Prozent der Bevölkerung ist laut einer Langzeitstudie der Ludwig Boltzmann Gesellschaft mehr als jeder Dritte in Österreich von Allergien betroffen, die Erkrankungsfälle haben alleine in den letzten acht Jahren um zwölf Prozent zugenommen.

Warum Allergien viele überhaupt quälen, ist wohl auf ein großes Missverständnis zurückzuführen. Unser Körper trickst sich selbst aus, weil er glaubt, gegen harmlose Partikel wie Pollen vorgehen zu müssen. „Er hält diese Allergene für eine Bedrohung, warum er sich so verhält, ist bis heute nicht wirklich geklärt“, rätselt Univ. Doz. Dr. Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien.

Mit Abstand am häufigsten leiden die Menschen hierzulande an allergischem Schnupfen. Bei Pollen sind es vor allem Gräser und Birke, die ihn auslösen, des Weiteren auch die Hausstaubmilbe und die Katze. Weniger oft kommen Allergien gegen Beifuß, Ragweed, den Schimmelpilz Alternaria oder Brennnessel vor. Inhalative Allergien gegen chemische Bestandteile sind äußerst selten, häufig gibt es aber nicht allergische, sondern durch Reizungen hervorgerufene Reaktionen auf Parfums oder Zigarettenrauch.

Um im „Dschungel“ der möglichen Auslöser zu erfahren, welche Allergie vorliegt, greift die Medizin auf ein standardisiertes Diagnoseverfahren zurück, bestehend aus einem Arzt-Patient-Gespräch, einem Haut- und Bluttest. Bei unklarem Verdacht auf Nahrungsmittelallergie kann der „Provokationstest“ hinzugenommen werden, wobei kontrollierte, oft steigende Dosen des verdächtigten Allergens verabreicht und etwaige Reaktionen beobachtet werden.

Allergien sollten stets sofort behandelt werden. Gegen akute Beschwerden helfen Antihistaminika und Kortisonsprays. Die einzige Therapie, die an der Wurzel des Problems ansetzt, ist die allergenspezifische Immuntherapie.

 

Fachärztlicher Kommentar:

INHALATIONSALLERGIEN

Etwa jeder vierte Österreicher erkrankt an einer Inhalationsallergie, und die Tendenz ist weiterhin steigend. Acht von zehn Patienten erleben einen negativen Einfluss auf ihre schulische/berufliche Leistung, meist infolge einer reduzierten Schlafqualität.

Symptome, Verlauf und Prognose
Die häufigsten Symptome sind Rhinitis und Konjunktivitis, viele Patienten klagen auch über Halskratzen. Nur bei wenigen kommt es zu kontakturtikariellen Hautveränderungen respektive Ekzembildung. Gefürchtet ist die Entwicklung asthmatischer Beschwerden. Schon anamnestisch erhält man Hinweise auf die Art des auslösenden Allergens.

Eine lokale Besonderheit in Salzburg bzw. im Westen Österreichs ist die Dominanz von Spitzwegerichpollen bei Kräuterpollenallergikern, während die im Osten Österreichs häufigen Beifuß- und Ragweedallergiker sehr selten sind. V.a. bei den Baumpollenallergikern kommt es wegen der großen Ähnlichkeit der Allergene auch zu sog. Kreuzallergien mit Lebensmitteln (Schalenfrüchte, Stein- und Kernobst, Karotten etc.).

Diagnostik und Therapie
Diagnostiziert wird die Inhalationsallergie einfach, schnell und verlässlich mit dem Pricktest, bei dem die Haut durch einen allergenhältigen Tropfen angeritzt wird. Meist wird ergänzend der Nachweis spezifischer IgE im Serum durchgeführt. Diese Untersuchung erfuhr in den letzten Jahren eine revolutionäre Bereicherung durch die Beschreibung spezifischer, sog. Rekombinanter Allergene, kleinen Bereichen des Allergen-Gesamtmoleküls, die für die jeweilige Pollenart hochspezifische Allergendeterminanten nachweisbar machen.

Therapeutisch ist neben der symptomatischen Therapie (antihistaminerge Augentropfen, kortikoidhältige Nasensprays und systemische Antihistaminika) bei stärkerem Leidensdruck die sog. Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) indiziert, die in vielen Fällen auch die Entwicklung von Asthma aufhalten kann. Hierzu stehen Tropfen oder Sublingualtabletten oder subkutane Injektionen zur Verfügung. Leider kommt es in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen zu einer Reduktion verfügbarer seltener Allergene, sodass zufriedenstellend wirksame Therapien vielleicht in Zukunft nur noch für die häufigsten Inhalationsallergien verfügbar sein werden.

Prävention
Verlässliche Angaben zur Prävention finden sich im IGAV-Ratgeber "Allergenvermeidung bei Pollenallergien" unter www.allergenvermeidung.org.

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