Stille Entzündungen

Von Mag.a Andrea Riedel

Kein Entzündungsherd, der schmerzt, gerötet oder geschwollen ist. Keine einschlägig erhöhten Blutwerte. Wie man stillen Entzündungen auf die Spur kommt.

Angina, Ekzem, Blasen- oder Schleimbeutelentzündung: Akute Entzündungen kennt jede*r. Sie können überall auftreten und selbst Kinder zeigen zielsicher auf den Entzündungsherd: Da tut’s weh!

„Da“ ist meist dort, wo sich Keime eingenistet haben oder Gewebe verletzt oder gereizt ist. Die Entzündungsstoffe, die das Immunsystem dann gezielt ausschickt, sind eine Art „reinigendes Feuer“, um den Schaden vor Ort zu reparieren.

Unspezifische Symptome

Ganz anders verhält es sich mit chronischen, auch stillen, Entzündungen genannt. Sie sind eher mit einem Schwelbrand zu vergleichen, der unerkannt das Immunsystem schwächt, wichtige Prozesse im Körper aus dem Lot bringt und zahlreiche Erkrankungen hervorrufen kann.

Weil potenzielle Symptome so unspezifisch und allgemein sind, bleiben sie meist unter dem Radar der Betroffenen: Die einen fangen jeden Infekt auf, ohne sich je richtig auskuriert zu fühlen. Andere sind „nur“ müde und abgeschlagen, manchen tut oft „alles“ weh oder die Verdauung spinnt. – aber solche Phasen sind doch normal, oder? „Nicht, wenn sie Wochen oder gar Monate anhalten“, sagt OÄin Dr. in Karin Schöls. Dennoch dauere es bei vielen oft lange bis zur richtigen Diagnose und Behandlung.

Klar sei die Sache hingegen bei stark Übergewichtigen oder Menschen mit einem hohen Bauchfett-Anteil: „Bei ihnen sind mit Sicherheit stille Entzündungen im Gang, selbst wenn – noch – keine Beschwerden vorliegen“, so die Internistin und Rheumatologin. „Mittlerweile ist belegt, dass spezielle Fettzellen Entzündungen auslösen.“ (s. Interview).

Ähnlich verhält es sich bei Parodontitis, der chronischen Zahnfleisch- und Kieferentzündung, und bei versteckten, weil schmerzlosen, Eiterherden im Zahn-Kiefer-Bereich. Eine zahnärztliche Abklärung sollte daher stets Teil der Ursachensuche sein.

Wie Funktionelle Medizin helfen kann

Schwieriger wird es, wenn Betroffene normalgewichtig sind, keinen ausgeprägten Bauch haben, der zahnärztliche Befund unauffällig ist und sicherheitshalber auch ein Tumorgeschehen ausgeschlossen wurde. „Dann sind die klassischen Diagnosemöglichkeiten eigentlich erschöpft“, sagt Schöls. Nicht aber die der Funktionellen Medizin.  

 

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Fachkommentar

Von Dr. Klaus Steiner
Facharzt für Innere Medizin, Salzburg

Unbestritten ist mittlerweile, dass das Fettgewebe, vor allem das intraabdominelle – also im Bauchraum gelegene – sehr stoffwechselaktiv ist. Unter anderem werden Botenstoffe wie Leptin, Adiponektin und Tumornekrosefaktor Alpha gebildet, die sich ungünstig auf den Fettstoffwechsel auswirken und auch Entzündungen verursachen können.

Deshalb ist die Therapie der abdominellen Adipositas nicht nur aus kosmetischer Sicht notwendig, sondern vor allem auch aus  Sicht des Stoffwechsels und entsprechender Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie und auch erhöhter Harnsäure (Hyperurikämie).

Chron. Zahnfleischentzündungen können im schlimmsten Fall auch auf die Herzklappen oder Herzkranzgefäße einwirken und u.a. Herzklappenentzündungen und Herzinfarkte verursachen. Eine gute Zahnhygiene und regelmäßige Zahnarztbesuche mit der Entfernung von Zahnstein sind deshalb wichtig.

Die Cortisolbestimmung im Speichel ist jedoch problematisch, weil schlecht validiert und nachvollziehbar bzw. großen Schwankungen unterworfen. Davon würde ich Abstand nehmen. Besser und genauer ist eine ACTH- und Cortisolbestimmung aus dem Blut oder eventuell eine Cortisolbestimmung aus dem 24-Stunden-Urin. Dies sollte aber über einen Facharzt erfolgen.