Leitartikel

Aus der Salzburger Ärztezeitung "med.ium"

Die Verhandler des Finanzausgleichs sind hinsichtlich des Gesundheitskapitels mit sich zufrieden. Endlich seien nicht nur neue Mittel verteilt worden, sondern diese seien zumindest teilweise an verbindliche Reformmaßnahmen geknüpft. Die vergleichsweise unterrepräsentierte Zusatzausstattung der Sozialversicherung begünstigt allerdings wohl berechtigte Zweifel am wortreich propagierten Leistungsshift aus den Spitalsambulanzen in den niedergelassenen Bereich. Aber ein Vorhaben soll jedenfalls mit gewidmeten Mitteln umgesetzt werden: „Die digitale Transformation“. Dies ist auch konsistent mit der von der Gesundheitspolitik präferierten Versorgungskaskade: digital vor ambulant vor stationär.

„Und zweifellos wird Telemedizin auch in unserem Gesundheitssystem einen wachsenden Beitrag in der Versorgung übernehmen.“

Manche Fachbereiche sind hier bereits weit entwickelt; für die große Mehrheit sind die Angebote allerdings erst am Beginn des Ausbaus.

Rechtliche Hindernisse für telemedizinische Leistungserbringung bestehen im wesentlichen nicht. Und wenn gewidmete Finanzmittel tatsächlich für den Ausbau zur Verfügung stehen, sollten die Voraussetzungen für die digitale Transformation durchaus günstig sein.

Nur, digitale Transformation des Gesundheitssystems heißt für die Leistungserbringer nicht zwingend Fortsetzen der gewohnten Prozesse und unveränderten Fortbestand der traditionellen Versorgungsstrukturen. So ist die in herkömmlichen Angeboten so geschätzte Wohnortnähe für den nur  telemedizinisch ratsuchenden Patienten irrelevant. Die digitalen telemedizinischen Angebote sind im Grundsatz keinerlei Grenzen verpflichtet und ihre Anbieter in ihren Organisationsstrukturen und Geschäftsmodellen ungebunden. Aber nicht nur für Patienten spielen Distanzen in dieser Welt keine Rolle mehr, auch Konsiliarleistungen von hochspezialisierten Experten brauchen bei geeigneten Konstellationen keine räumliche Nähe mehr.

Keine Frage, viele Patienten werden weiterhin den persönlichen Kontakt bevorzugen und viele ärztliche Leistungen werden auch in Zukunft im Grundsatz gar nicht telemedizinisch zugänglich sein. Neue Geschäftsmodelle, in anderen Ländern längst erfolgreich, werden sich aber auch bei uns anbieten und den sich wandelnden Erwartungen der Bevölkerung anpassen. Dies wird nicht folgenlos für die bestehenden Versorgungsstrukturen bleiben. Telemedizin kann aber nachhaltig nur sinnvoll entwickelt werden, wenn sie sich optimierend in eine verlässliche Versorgungslandschaft einfügt.

Mit kollegialen Grüßen

Ihr Dr. Karl Forstner

Präsident der Ärztekammer für Salzburg

Anregungen und Kritik immer erwünscht unter: forstner[at]aeksbg.at

Aus dem "med.ium"

Ausgabe 1+2/2024

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Salzburger Ärztezeitung med.ium.