Von Mag. Natascha Gazzari
"Hab’ keine Zeit“, „ich bin so im Stress“, „ich muss noch so viel erledigen“: Stress scheint für die meisten Menschen ein täglicher Begleiter zu sein. Dabei ist Stress nicht gleich Stress. „Die Anzahl der Stressfaktoren ist groß und ihre Natur vielfältig“, erklärt Dr. Doris Eller-Berndl, Präventivmedizinerin und Medical Coach aus Wien.
Meist wird Stress als negativ empfunden, besonders wenn es sich um chronischen, also lang andauernden Stress handelt. Stress muss jedoch nicht zwangsläufig etwas Schlechtes sein. So lassen etwa auch Vorfreude, positive Aufregung oder die Fahrt mit der Achterbahn den Puls in die Höhe schnellen und Stresshormone werden ausgeschüttet.
Guter Stress oder „Eustress“ gibt ein gutes Gefühl, sorgt für Lebensfreude und motiviert. „Eine gewisse Menge an Stress ist auch für unser Gehirn wichtig, um uns in einen Bereich zu bringen, der optimale Aufmerksamkeit und kognitive Leistungsfähigkeit ermöglicht“, so die Ärztin. Auch hier kommt es auf die Dosis an. Zu wenig Stress kann Langeweile und Depressionen begünstigen, während zu viel Stress Angst auslösen kann und sich negativ auf den Gesundheitszustand auswirkt. Das richtige Maß an „Eustress“ hat einen positiven Effekt auf die Gehirnleistung.
Kämpfen, fliehen oder erstarren?
Der menschliche Körper ist auf Stress gut vorbereitet: „Durch die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol sowie durch Aktivierung des Stressnervensystems Sympathikus sorgt der Körper in Sekunden für absolute Handlungsfähigkeit und dämpft gleichzeitig alle nicht überlebensnotwendigen Funktionen“, erläutert die Präventivmedizinerin die biologischen Abläufe während einer Stresssituation.
Wie Menschen in Bedrohungssituationen reagieren, ist unterschiedlich. Die drei bekanntesten Reaktionsmuster sind Flight (Flucht), Fight (Kampf) und Freeze (Totstellen).
Fast täglich fällt das Wort Stress in medizinischen Praxen, wenn es um die verschiedensten Beschwerden geht. Der Zusammenhang mit Herzrhythmusstörungen, Bauchbeschwerden, Schlafstörungen oder sehr häufig Kopfweh und vielen mehr, wird von den Patienten selbst angesprochen. Auch bei vielen Beschwerden des Rückens ist negativer Stress ein Auslöser.
Die Aufgabe von uns Ärzten ist es Menschen zu helfen wieder gesund zu werden. Es bedarf eines guten Gesprächs und auch zielgerichteter Untersuchungen, um die Ursachen von Beschwerden zu diagnostizieren.
Alles kann nicht auf den „ Stress „ geschoben werden. Auch nicht so tragische Beschwerden, die mehrere Wochen andauern und nicht wirklich besser werden, sollten medizinisch abgeklärt werden.
Idealer Weise sind die Hausärzte dazu ausgebildet, Beschwerden richtig einzuordnen und bei Bedarf entsprechende Untersuchungen bei Spezialisten einzuleiten.
Einfache Maßnahmen wie gute regelmäßige Mahlzeiten, Pausen, ausreichend Schlaf und wöchentlich mehrmals Bewegung sind häufig wirksamer als Medikamente.
Wenn der negative Stress zu belastet, ist eine Gesprächstherapie eine gute Option. Man sollte davor keine Scheu zu haben.
Stress selber ist also keine Krankheit, kann aber krank machen.