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Eine ukrainische Mutter ist mit ihren beiden Kindern vor dem Krieg in der Heimat nach Salzburg geflohen. Zusammen mit einer Salzburger Hilfsorganisation hat der Wohlfahrtsfonds der Familie geholfen, eine Wohnung zu finden und in Frieden zu leben.

Aus der Kammer

Von Mag. Christoph Schwalb | med.ium 10+11+12/2022 | 19.12.2022

Zerstörte Häuser, Familien auf der Flucht und Menschen, die vor dem Nichts stehen. Der im Februar 2022 begonnene Angriffskrieg auf die Ukraine dauert nun schon beinahe ein Jahr an, das Entsetzen über die fast täglichen Nachrichtenbilder von den Kriegsschauplätzen ist inzwischen dem Alltag gewichen. Themen wie Inflation und Energiekrise sind präsenter und drängender.

Kurz vor Weihnachten und dem sich zu Ende neigenden Jahr wollen wir über etwas Positives berichten. Über eine aus der Ukraine geflüchtete Familie, die in einer vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer zur Verfügung gestellten Wohnung in Salzburg Unterkunft gefunden hat.

Zusammen mit der Betreuerin Olga Küstner von der Salzburger Organisation „Jugend am Werk GmbH“ hat das med.ium die alleinerziehende 35-jährige Mutter Tarana B. aus der Industriestadt Krementschug (300 km südöstlich von Kiew) besucht und Eindrücke ihrer neuen Lebenslage gesammelt.

Unmittelbar nach Kriegsausbruch in der Ukraine ist Tarana am 25. Februar 2022 gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter Veronika und ihrem 13-jährigen Sohn Sarvan sowie der Mutter mit dem Zug über Lemberg nach Polen geflohen. Eine über zehnstündige Fahrt stehend im mit fremden Menschen überfüllten Zug, die alle nur eines wollen: sich so schnell wie möglich vor den Anschlägen in Schutz bringen. Von Polen geht die Fahrt eineinhalb Tage weiter nach Wien, wo die beiden Frauen und die zwei Kinder mitten in der Nacht völlig übermüdet ankommen. Vorläufige Endstation ist das Auffanglager Traiskirchen bei Wien, von wo aus die Familie nach Mondsee gebracht wird. Ein pensioniertes Ehepaar dort nimmt sich ihrer an, bringt sie bei sich im Einfamilienhaus unter und kümmert sich voller Nächstenliebe um Tarana und  hre Angehörigen. Gerührt und voller Dank ob dieser Gastfreundschaft schildert sie die bewegende Flucht im Gespräch mit der Ärztezeitung.

Von der Situation in der Ukraine hängt ihr weiteres Leben ab. Sollte sich die Lage dort nicht bessern, will sich Tarana in Österreich mit ihren Kindern eine bessere Zukunft aufbauen.

Währenddessen gehen die Kampfhandlungen in ihrer Heimatstadt Krementschug weiter. Im Sommer wird dort ein großes Einkaufszentrum von Raketen getroffen, große Teil der Infrastruktur zerstört. Momentan ist es zwar etwas ruhiger, doch die Menschen leben von Tag zu Tag mit der Angst, dass sie jederzeit wieder ein Angriff treffen könnte.

Durch Zufall erfährt Tarana von der Salzburger Organisation Jugend am Werk, mit der der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer bereits zuvor in Kontakt getreten ist, um geflüchteten Familien aus der Ukraine zu helfen und Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Als deren Geschäftsführer Uwe Höfferer und der Wohlfahrtsfonds miteinander sprechen, geht es sehr schnell und Tarana kann im Sommer mit ihren beiden Kindern Veronika und Sarvan und der Mutter eine geeignete Wohnung in Salzburg-Aigen beziehen.

Unterstützt wird Tarana von ihrer Betreuerin Olga Küstner, die selbst Ukrainerin ist, einst als Au-Pair nach Deutschland kam und seitdem in Österreich lebt. Die Jugend am Werk-Betreuerin kümmert sich um die
Anliegen ihrer KlientInnen und hilft ihnen im Alltag bei Behördengängen, übersetzt und organisiert auch regelmäßige Treffen mit anderen UkrainerInnen, damit diese sich untereinander austauschen können.

Die Salzburger Hilfsorganisation wurde 2014 als Tochterunternehmen von Jugend am Werk Steiermark gegründet und bietet weit mehr als nur Flüchtlingsbetreuung. Die Schutzbedürftigen sind Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Unterstützungsbedarf in beruflichen, sozialen und persönlichen Lebensfragen. Die Organisation betreibt Schutzunterkünfte für Frauen, Beratungsstellen für Gewaltprävention, betreut in Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe sozialpädagogische Wohneinrichtungen und hilft Männern bei persönlichen Krisen.

Wie geht es nun für die alleinerziehende Mutter Tarana und ihre zwei Kinder in Salzburg weiter? Da die Mutter schweren Herzens im Herbst wieder in die Ukraine zurückgekehrt ist, um sich um ihren Ehemann zu kümmern, und Taranas Vater und Bruder aufgrund der Wehrpflicht die Ukraine nicht verlassen dürfen, ist sie auf sich alleine gestellt. Vor der Flucht arbeitete sie als Friseurin, Schneiderin und zuletzt als Angestellte in einem Stahlunternehmen, das Eisenbahn-Ersatzteile fertigt. Gerne möchte sie als Friseurin oder Näherin in Salzburg arbeiten, damit ihre Tochter Veronika ganztags im Kindergarten betreut werden kann und ihr so vormittags neben der Arbeit Zeit für den Besuch eines Deutschkurses bleibt. Den möchte Tarana unbedingt machen, denn sie möchte sich integrieren und etwas zurückgeben. Von der Situation in der Ukraine hängt ihr weiteres Leben ab. Sollte sich die Lage dort nicht bessern, will sich Tarana in Österreich mit ihren Kindern eine bessere Zukunft aufbauen.

Die Weihnachtsfeiertage wird die Familie in Salzburg verbringen. Auf die Frage, ob sie etwas benötige, gibt sich Tarana bescheiden und verneint. Sie sei sehr dankbar, mit den Kindern hier sein zu dürfen – in einer so wunderschönen und friedlichen Umgebung. 

Aus dem "med.ium"

Ausgabe 10+11+12/2022

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Salzburger Ärztezeitung med.ium