Leitartikel

Aus der Salzburger Ärztezeitung "med.ium"

Die einseitige Aufkündigung eines ausverhandelten Maßnahmenpakets für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SALK veranlasst uns zu einer grundsätzlichen Stellungnahme über die Verhandlungskultur und den Umgang mit der Ärzteschaft und den Gesundheitsberufen.

Der Rechtsgrundsatz “Pacta sunt servanda” – Vereinbarungen sind einzuhalten – bildet das Fundament jeder verlässlichen Partnerschaft. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedoch, dass dieser Grundsatz im Gesundheitswesen einer bemerkenswerten Flexibilität unterliegt.

Während in anderen Sektoren Verhandlungsergebnisse üblicherweise respektiert werden, etabliert sich bei Vereinbarungen mit den Gesundheitsberufen ein eigentümliches Muster: Nach monatelangen Verhandlungen und mühsam errungenen Kompromissen folgt eine Phase kreativer Neuinterpretation. Getroffene Vereinbarungen, die durchaus Verbindlichkeit in sich bergen sollten, werden zu Diskussionsgrundlagen degradiert.

Bemerkenswert ist auch die Art der Kommunikation: Monatelang werden ausverhandelte Vereinbarungen verzögert und auf die lange Bank geschoben. Dann, im Rahmen größerer Budgetbeschlüsse, werden sie ohne vorherige Konsultation der Betroffenen in ein allgemeines Sparpaket eingebettet. Ein respektvoller Umgang bedeutet, bei sich abzeichnenden Problemen rechtzeitig das Gespräch zu suchen und gemeinsam nach Lösungen zu streben, statt vollendete Tatsachen zu schaffen und diese medial als alternativlos darzustellen.

Besonders irritierend ist die Streichung des „Pflegebonus“. Diese Zulage war keine Corona-Prämie, sondern eine längst überfällige Anerkennung für die Kompensation des Personalmangels und die Bewältigung der zunehmenden Arbeitsbelastung. Während in anderen Bereichen Kompromisse gefunden wurden, die keine direkten Verluste bedeuteten, erfahren ausgerechnet jene, die in den vergangenen Jahren Belastungen schultern mussten, nun reale Einbußen.

Die Kalkulation dahinter ist durchschaubar: Man rechnet fest damit, dass die im Gesundheitswesen Tätigen aus ihrer berufsethischen Verpflichtung heraus stillhalten werden. Diese Haltung wird jedoch zunehmend als Verhandlungsschwäche interpretiert – ein gefährlicher Trugschluss, wie das vermehrte Ausweichen aus dem öffentlichen System zeigt. Zu glauben, dies bliebe ohne Konsequenzen für die Patientenversorgung, ist naiv.

Es stellt sich die Frage, ob man sich der Tragweite dieser Entwicklung bewusst ist. Ein Gesundheitssystem, in dem diejenigen, die es tragen, nicht mehr auf Zusagen bauen können, verliert seine besten Köpfe. Die Alternative zum respektvollen Umgang miteinander ist keine, die irgendjemand ernsthaft anstreben kann.

Die Ärztekammer wird alle Initiativen unterstützen, die darauf abzielen, den im Gesundheitssystem Tätigen wieder jenes Gehör und jene Wertschätzung zu verschaffen, die ihrer Verantwortung entspricht.

Wir stehen weiterhin für konstruktive Zusammenarbeit bereit – aber nur, wenn getroffene Vereinbarungen wieder den verbindlichen Charakter erhalten, den sie haben müssen.
 

Mit kollegialen Grüßen

Ihr Dr. Matthias Vavrovsky, MBA

Präsident der Ärztekammer für Salzburg

Anregungen und Kritik immer erwünscht unter: pressestelle[at]aeksbg.at

Aus dem "med.ium"


Diesen und weitere Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe der Salzburger Ärztezeitung med.ium.